Eine friedliche Revolution? - Korruption, Teil II


hier geht es zum ersten Teil)

Korruption ist schlecht für Wirtschaft und Armutsbekämpfung und besonders in Indien ein großes Problem. Fehlender politischer Wille hat bis jetzt Änderungen verhindert. So weit, so beunruhigend.

Indien ist die größte Demokratie der Welt. Was liegt also näher, als dass ...
das Volk die Sache selbst in die Hand nimmt?

Der Kampf gegen die Korruption: Heute...
Delhi 2011. Korruptionsskandale erschüttern das Vertrauen in die Politiker. Es formiert sich eine Antikorruptions-Protestbewegung aus Journalisten, jungen Erwachsenen und  der wachsenden gebildeten Mittelschicht. Die Bewegung erfasst bald ganz Indien.
Anna Hazare, ein 75-jähriger Bürgerrechtler, tritt wie schon Gandhi in den Hungerstreik. Die Regierung ist zu Zugeständnissen bereit, will über ein Anti-Korruptionsgesetz verhandeln.
Es gibt konkrete Forderungen: Eine unabhängige Kontrollbehörde, die allen Ministern, Abgeordneten und Beamten auf die Finger schaut. Verantwortliche in jedem Bundesstaat. Ein Gesetzesentwurf wird debattiert.

Delhi 2013. Wahlen für das Hauptstadtparlament. Die Kongresspartei, korrupt und mächtig, verliert den größten Teil seiner Stimmen. Für eine riesige Überraschung sorgt die Aam Admi Party (Partei des einfachen Mannes), die erst ein Jahr alt ist und auf Anhieb mehr als ein Drittel der Stimmen gewinnt.

Die Belange der einfachen Bevölkerung in die Politik zu bringen, das ist das Ziel der AAP. Aus der Protestbewegung 2011 hervorgegangen tragen vor allem Freiwillige die Partei. Wichtigster Programmpunkt: Der Kampf gegen die Korruption. Die Partei deckt Spendenskandale der anderen Parteien auf, Ämter werden nicht bezahlt, nur ein Mitglied pro Familie darf einen Posten bekleiden.

"In Deckung. Es ist eine AK-47!" - Wie Kejriwal mit seiner
Antikorrutionspartei die alten Eliten gefährdet.
Delhi 2014. Arvind Kejriwal wird neuer Ministerpräsident Delhis. Er kommt in Sandalen und Pullover zur Arbeit, fährt mit der Metro und verzichtet auf Sicherheitskräfte.
Innerhalb von 10 Tagen senkt er den Strompreis um die Hälfte, gesteht jedem Haushalt täglich 700 Liter kostenloses Wasser, senkt den Preis von Zwiebeln um 70%. Es gibt nun eine kostenlose Hotline, mithilfe derer man gegen korrupte Beamte vorgehen kann. Für Februar verspricht Kejriwal die Verabschiedung eines neuen Antikorruptionsgesetzes.

… und morgen
In einer extrem kurzen Zeit hat die Aam Admi Party in Delhi viel erreicht und verändert.
Zwei Dinge sind jetzt wichtig:
Erstens muss die neue Regierung zeigen, dass sie den ehrgeizigen Kurs fortsetzen will und nachhaltig etwas verändern kann.
Zweitens ist Delhi nur ein kleiner Teil von Indien. Im Mai finden Wahlen für das indische Parlament statt, hier wird viel entschieden.
Korruption ist endlich Wahlkampfthema.

Eine Revolution?
Arvind Kejriwal, Chef der AAP und Ministerpräsident
von Delhi, übernachtet während einer Demonstration auf
der Straße - was für ein Zeichen!
Die Wahlen haben gezeigt, dass Indien eine funktionierende Demokratie mit freier Presse und hoher Wahlbeteiligung ist. Aus allen Schichten wählen Menschen, die Demokratie ist akzeptiert und die Kongresspartei hat eine Abreibung für ihre von Skandalen und Nichtstun geprägte Politik bekommen.
Eine Protestbewegung hat es geschafft, die Korruption in den Mittelpunkt zu rücken und in die Politik zu tragen.

Aber noch grassiert die Korruption, auf der Straße und bei den Milliardären. Das Umdenken wird noch lange dauern.

Der Sieg der AAP in Delhi hat vielen Menschen - und auch mir - Hoffnung gegeben. Hoffnung, dass einfache Bürger sich am Ende gegen Machteliten durchsetzen (wer weiß, vielleicht bekommen wir bezogen auf den NSA-Skandal auch so etwas auf die Reihe!), und Hoffnung, dass sich in einer Demokratie am Ende die Guten durchsetzen.

Ich wünsche allen Indern für die Wahlen im Mai Weitsicht! Macht etwas aus eurem politischen Gewicht!


UPDATE: Am 14. Februar ist Arvind Kejriwal von seinem Amt als Ministerpräsiden Delhis zurückgetreten, weil alle anderen Parteien den Entwurf eines Antikorruptionsgesetzes blockiert haben.



Quellen
Köberlin, Berlin 2012, in: Blätter 01/2012, Seite 31-34, "Indien: Korruption als System"
Neff, Daniel und Schöttli, Jivanta  (Hamburg 2011), "Korruption in Indien – Anzeichen für einen Wandel zum Besseren?", GIGA Focus Asien
Blume, Georg mit Yadav, Yogendra, in: taz 30.10.2012, "Ungeheure Enttäuschung - Korruption in Indien"
http://de.wikipedia.org/wiki/Korruption (Aufgerufen am 9. Januar 2014)
Bildquellen: